Page 11 - Aarauer Woche - KW 39 - 2021
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DONNERSTAG, 30. SEPTEMBER 2021                                                                                                                              SEITE 11





                      Von Aarau aus                                           Schoop


                die Welt verändern                                                   Nein zur Zertifikatspflicht!





                                                                              Das Covid-Zertifikat schränkt
                                                                              die Grundrechte ein und
                                                                              schafft eine Zweiklassenge-
                                                                              sellschaft. Damit es keinen in-
                                                                              direkten Impfzwang gibt, ver-
                                                                              lange ich vom Regierungsrat,
                                                                              dass die Tests gratis bleiben.

                                                                              Reden wir nicht lange um den
                                                                              heissen Brei herum und kom-
                                                                              men wir direkt zur Sache: Ich
                                                                              halte die massive Ausweitung
                                                                              der Covid-Zertifikatspflicht für
                                                                              höchst problematisch. Und ich
                                                                     Bild: zVg
                                                                              bin mit dieser Einschätzung
          Das neue Buch über Aarau: «Kleinstadtrebellion» erscheint demnächst.   nicht allein. Eine besonders
                                                                              interessante Quelle in diesem
          Im Oktober erscheint das         es möglich war, alternative Le-    Zusammenhang ist die Swiss
          Buch «Kleinstadtrebellion»,      bensweisen zu entfalten. Es gab    National Covid-19 Science
          das ein spannendes Stück Aa-     und gibt immer wieder Men-         Task Force, ein Gremium von
          rauer Geschichte erzählt.        schen,  die  sich abseits  vom     Experten, das den Bundesrat
                                           Mainstream und Konventionen        in Sachen Corona berät und
          Im Städteranking ist Aarau  bewegen, Freiräume im kleinen,          nicht selten mit sehr weit sehr
          unter den Top Five, eine auf-    idyllischen Aarau suchen und       weitreichenden Forderun-           Dr. Adrian Schoop ist Unternehmer und FDP-Grossrat.
          strebende Kleinstadt in der es  schaffen, in denen unterschied-     gen vor sich hertreibt. Genau
          sich gut leben lässt und die sich  liche Ideen ihren Platz haben    diese wissenschaftliche Task
          in den letzten Jahren entwickelt  und ausgetauscht, Visionen und    Force warnte nun aber in einer  Und jetzt? Jetzt sollen diese  Viele können sich Tests
          hat, gesellschaftlich, kulturell  Utopien weiterentwicklet wer-     Stellungnahme vom 22. April  fundamentalen Einwände auf  nicht leisten
          und wirtschaftlich. Idyllisch für  den können. Diesen Herbst er-    2020 eindringlich vor «serolo-  einmal nicht mehr gelten?       Als Grossrat setze ich mich
          die einen mit der schönen Alt-   scheint das Buch «Kleinstadtre-    gischen Pässen», sprich: vom                                    auf politischer Ebene dafür
          stadt mit seinen Giebeln, dem  bellion. Von Aarau aus die Welt      Zertifikat. Insbesondere da  Nein zu Ausgrenzung                ein, dass die Tests gratis blei-
          Maienzug, Bachfischt und sons-   verändern», das von acht Aa-       unklar sei, wie  lange die Im-  und Stigmatisierung             ben. Da sich viele Menschen
          tigen  Traditionen,  für  andere  rauerinnen und Aarauer erzählt    munität einer Covid-Impfung  Die Tatsachen lassen sich  – darunter die Jugendlichen –
          hat Aarau schon einen urbanen  und ihre Geschichten aus den         anhalte, sollte auf solche Zer-  nicht einfach wegwischen:  die Tests nicht leisten können,
          Charakter, etwas städtisches  letzten 50 Jahren von Hausbe-         tifikate verzichtet werden, «da  Das Zertifikat teilt die Gesell-  sich aber nach einem norma-
          und spannendes. Einige sind  setzungen, Zeitungsprojekten,          sie die Menschenrechte ein-     schaft in zwei Klassen und  len Leben sehnen, stellen die
          aber auch nur froh um die gu-    Polizeirepression, Punkkonzer-     schränken, Gefahren für die  schliesst die eine diskriminie-    kostenpflichtigen Tests einen
          ten Zugsverbindungen in grös-    ten, Infoläden und Demonstra-      Gesellschaft mit sich bringen  rend aus. Das ist ein gravie-    faktischen Impfzwang dar.
          sere Städte.                     tionen sowie von Wünschen,         und sich nicht durch ein legi-  render Eingriff in die Grund-   Es ist ethisch kaum vertret-
                                           Ängsten, Hoffnungen, Frustra-      times öffentliches Interesse  rechte und untergräbt unse-       bar, dass sich Menschen wi-
                  Freiräume für            tion und Idealismus. Was hat       rechtfertigen lassen».          ren Rechtsstaat und unsere  derwillig impfen lassen müs-
                   Jugendliche             sie damals angetrieben? Wie se-    Doch damit nicht genug: Es  liberale  Demokratie.  Als  Bür-    sen, nur um wieder am ge-
          Die Debatten um Freiräume  hen sie im Nachhinein ihre ak-           würden «mehrere Katego-         ger der freien Schweiz und als  sellschaftlichen Leben teil-
          in einer Stadt, die immer en-    tive Zeit? Was ist aus ihren Uto-  rien» von Menschen geschaf-     freisinniger Politiker sage ich  nehmen zu können. So soll
          ger wird, sind derzeit etwas  pien geworden?                        fen. Das Risiko einer Stigmati-  klipp und klar: Nein zur Zwei-  beispielsweise der Zugang in
          versiegt, flammen aber immer                                        sierung sei gross. Die wissen-  klassengesellschaft, nein zu  die Bibliothek oder Vorlesung
          wieder auf. Diskussionen über          Ab 1970 bis heute            schaftliche Task Force fühlte  Ausgrenzung und Stigmatisie-     künftig nur mit einem kos-
          Räume, gerade auch für Jugend-   Im Buch, das am 9. Oktober im      sich sogar an dunkle Zeiten  rung!                              tenpflichtigen Test oder zwei
          liche, stehen in nächster Zu-    Wenk präsentiert werden wird,      erinnert:  Gesundheitspässe  Auch als Unternehmer und  Impfdosen gewährt werden.
          kunft aber sicherlich wieder an.  wird versucht, die Ereignisse in   seien im Umfeld rassistischer  Arbeitgeber stehe ich zu die-   Damit setzen wir die Chan-
          Gerade kürzlich hat der Stadt-   Aarau ab Ende der 1970er bis       und faschistischer Regimes  sen Grundsätzen: Ich verlange  cengerechtigkeit und das be-
          rat entschieden, einen Spiel-    heute anhand der Gespräche         aufgekommen.                    kein Zertifikat am Arbeitsplatz,  dingungslose Recht auf Bil-
          platz nachts abzusperren, in  mit beteiligten Personen über         Ins selbe Horn blies noch vor  und ich zahle keine Impfprä-     dung aufs Spiel. Das geht
          denen sich Jugendliche aufhal-   ihre Erlebnisse und ihren An-      wenigen Wochen Bundes-          mien. Es ist brandgefährlich,  nicht. Hält der Bundesrat an
          ten, da sie wohl sonst keinen  trieb, wobei die persönlichen        rat und Gesundheitsminister  wenn «unzertifizierte» Men-        der Abschaffung der kosten-
          Aufenthaltsort finden, weil sie  Erzählungen zur Einordnung in      Alain Berset. Jedenfalls be-    schen  als  Gefahr  für  die  All-  losen Tests fest, verlange ich
          die Anwohnerinnen  und An-       den jeweiligen Kontext mit Zah-    zeichnete er die Vorstellung,  gemeinheit gelten. Da hat die  vom Regierungsrat die Über-
          wohner regelmässig um ihren  len  und  Fakten  angereichert         dass es eine Zertifikatspflicht  wissenschaftliche Task Force  nahme der Testkosten durch
          Schlaf bringen. Es wird über  oder mit Zitaten ergänzt wird,        geben könnte, als «bizarr».     völlig Recht.                   den Kanton Aargau.
          «Hotspots» und «Littering» ge-   so dass ein möglichst vollstän-
          sprochen, Musikboxen werden  diges Bild wiedergegeben wer-
          auch tagsüber konfisziert, die  den kann. Die Macherinnen und
          Securitas mit Hund soll neuer-   Macher des Buches haben auch                 Erfolgreiche Littering-Aktion
          dings im Stadtzentrum für Ruhe  einen Instagram-Kanal erstellt,
          und Ordnung sorgen. Ein gutes  auf dem auch Bruchstücke aus
          Nebeneinander scheint im Mo-     Dokus, Videos und Bilder aus     Die Stadt Aarau führte, im                                         städtischen Werkhofs, als auch
          ment auf der Kippe zu stehen  dieser Zeit gezeigt werden.         Rahmen des nationalen Clean-                                       Stadträtin Suzanne Marclay-
          und die Stadt muss schleunigst                                    up-Days, die Aktion «Tatort                                        Merz für Fragen und Auskünfte
          eine Strategie finden, verschie-                              pd  Littering» durch. Die Aktion                                       interessierter Passantinnen und
          denen Anspruchsgruppen gleich                                     war erfolgreich und wurde                                          Passanten zur Verfügung.
          zu behandeln und ein gutes Zu-                                    von der  Bevölkerung positiv
          sammenleben zu ermöglichen.                                       aufgenommen.                                                       In den drei abgesteckten Tat-
          Den Menschen Bussen zu ver-            Informationen und                                                                             ort-Perimetern lagen mehr als
          teilen, Verbote aufzustellen und         Bestellungen:            Am 17. und 18. September 2021                                      36 «Tatort-Hinweise». Littering
          Musikgeräte abzunehmen wird         www.kleinstadtrebellion.      wurde an neuralgischen Stellen                                     kostet die Stadt Aarau jährlich
          langfristig eher zu mehr Proble-         wordpress.com            in der Stadt der Abfall liegen                                     rund 24'500 Franken.
          men führen als diese zu lösen.                                    gelassen. Die entsprechenden
                                             Buchpräsentation in Wenk:      «Littering-Hotspots» wurden                                        Der städtische Werkhof leistet
            Alternative Lebensweisen            Samstag, 9. Oktober         also nicht wie üblich gereinigt,                                   täglich wertvolle Arbeit für eine
                    entfalten                    13.30 und 19.00 Uhr        sondern markiert, um den Pas-                                      saubere Stadt mit hoher Le-
          In Aarau gab es immer wieder          Sonnstag, 10. Oktober       santen die Auswirkungen von                                        bensqualität.                pd
          Bestrebungen von verschiede-                10.00 Uhr             Littering vor Augen zu führen.
          nen Gruppen, eigene Räume                                         Vor Ort standen unter ande-                                 Bild: zVg      www.aarau.ch
          für sich zu erobern, in denen                                     rem Regina Wenk, Leiterin des  Einer der «Tatorte» in der Stadt Aarau  www.igsu.ch/clean-up-day/
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