Page 9 - Bremgarter Woche - KW 26 - 2022
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DIENSTAG, 28. JUNI 2022 SEITE 9
Gewerbeverband fordert «Wald für Alle» Tierwohl-Bekenntnis von den
Grossverteilern gefordert
In der aktuellen Teilrevision Gemeinden verzichtet werden
des Aargauer Waldgesetzes soll und bei jedem Projekt indi- Schweizer Grossverteiler wer-
hat sich der Aargauer Gewer- viduell abgeklärt wird, ob dieses ben mit ihrem Einsatz für
beverband AGV an der laufen- genehmigungsfähig ist. Dabei mehr Tierwohl. Die Realität
den Vernehmlassung beteiligt soll nicht ein strikter Massstab der industriellen Tierproduk-
und sich für einen Wald für gelten, sondern es soll auch die tion sieht leider anders aus.
alle stark gemacht. Möglichkeit bestehen, mit Aus-
gleichsmassnahmen eventuell Die Grossverteiler tragen Ver-
Der Kanton will durch das Wald- als negativ beurteilte Auswir- antwortung für die Produktion
gesetz die Verwendung von kungen zu kompensieren. und den Konsum von Tierpro-
nachhaltig produziertem Holz dukten. Damit sind sie aber
als Bau- und Werkstoff sowie als Durch Biodiversitätsmassnah- auch in der Lage, die Weichen
Energieträger fördern. In den men kann in einem Waldstück neu zu stellen – zum Wohl von
Ausschreibungsverfahren des gezielt eine Aufwertung erreicht Tier, Mensch und Umwelt. An Bild: zVg
Kantons soll grundsätzlich die Bild: pixabay werden, welche sich auch posi- der Standaktion der Regional- Die Standaktion wurde kürzlich
Holzbauweise vorgegeben wer- Der Kanton will durch das Waldge- tiv auf die angrenzenden Wald- gruppe Aargau Süd haben des- schweizweit von den Regionalgrup-
den. Das Präsidium das AGV ist setz die Verwendung von nachhal- regionen auswirkt. Hier soll den halb etliche Personen Briefe an pen der Initiative gegen Massentier-
gegen eine Fixierung auf einen tig produziertem Holz als Bau- und Projektverfasserinnen und -ver- Coop und Migros geschrieben, haltung durchgeführt
bestimmten Baustoff. Es ver- Werkstoff sowie als Energieträger fassern bzw. Unternehmerinnen um von ihnen eine Weichen-
hindert die Innovationen in an- fördern. und Unternehmern die kreative stellung für eine tierfreundli- freundlichen Landwirtschaft.»
deren Bereichen. Der Staat hat Freiheit gelassen werden, womit che und ressourcenschonende Die Regionalgruppen-Mitglie-
sich bei der Wahl von Baustof- Gemäss dem geltenden Aar- insgesamt flexiblere und nach- Landwirtschaft zu fordern. Die der wollen, dass die Werbebil-
fen neutral zu verhalten und gauer Richtplan können die Ge- haltigere Lösungen möglich Rückmeldungen aus der Bevöl- der von glücklichen Tieren, die
alle Projekte gemäss diversen meinden Zonen zur intensive- sind. Die Kompetenz zur Bewil- kerung sind positiv, sagt Lilo auf der Weide scharren, picken
Kriterien zu prüfen (insbeson- ren Freizeitnutzung ausschei- ligung zu diesen Projekten dazu Wyss und Petra Garcia von der und wühlen können, endlich
dere Wirtschaftlichkeit, Einfluss den. In diesen Zonen können muss in der Gemeinde liegen Regionalgruppe: «Viele Perso- wahr werden und fordern von
auf die Volkswirtschaft, Ökolo- danach z. B. Seilparks oder Bi- und nicht bei kantonalen Ver- nen sind schockiert über die den Grossverteilern ein klares
gie und sozialer Nachhaltigkeit). ketrainingsanlagen erstellt wer- waltungsstellen. Dadurch kann Zustände in der Massentierhal- Bekenntnis für mehr Tierwohl.
Wenn man es dann doch regeln den. Diese Bestimmung soll nun eine rasche Abwicklung der Be- tung. Bis zu 27’000 Hühner in Die Initiative gegen Massentier-
möchte, dann sicher nicht im auch im Waldgesetz aufgenom- willigung unter Einbezug des einem Stall und 10 Schweine, haltung kommt am 25. Septem-
Waldgesetz, sondern im Submis- men werden. Das Präsidium des lokalen Wissens (Förster und die sich die Fläche eines Auto- ber vors Volk.
sionsrecht. Dort wurde aber in AGV verlangt in seiner Stellung- Försterinnen) erreicht werden parkplatzes teilen: Das ent- pd
der kürzlichen Revision bewusst nahme, dass auf die vorgängige und es wird ein «Wald für alle». spricht nicht dem Schweizer
auf eine solche Regel verzichtet. Zonenausscheidung durch die pd Selbstverständnis einer tier- massentierhaltung.ch
Schoop
Plädoyer für eine vernünftige Asylpolitik
Das Thema «Asyl» kehrt mit Flüchtlinge im ursprünglichen nen und -bewerber und vor- Eritreer, die hervorragende Ar-
Wucht auf die politische Sinne der Asylgesetzgebung läufig Aufgenommene fordern beit leisten. Trotzdem ist es
Agenda zurück. Doch viele oder der Flüchtlingskonvention offensiv, dass sie uneinge- eine Tatsache, dass vier von
wissen gar nicht, was ein sind. Vor diesem Hintergrund ist schränkt reisen dürfen, selbst fünf Eritreerinnen und Eritreer
Flüchtling eigentlich ist. Wir es wichtig, dass wir genügend in ihr Heimatland. Das ist ein in der Schweiz von Sozialhilfe
müssen die echten Flüchtlinge Platz schaffen für echte Flücht- Widerspruch in sich selber. leben. Die Sozialhilfequote
schützen und Missbrauch ver- linge und dass wir Missbrauch Wie kann man in das Land rei- bei den anerkannten Flücht-
hindern. Ein Beitrag für eine verhindern. Wir müssen unsere sen, das man angeblich flucht- lingen ist mit über 80 Prozent
sachliche Diskussion dieser Asylgesetzgebung endlich kon- artig verlassen musste, um in generell viel zu hoch. Das ist
emotionalen Frage. sequent vollziehen und abge- der Schweiz Schutz vor Verfol- nicht nur die Schuld von Mi-
wiesene Asylsuchende effektiv gung durch eben dieses Land grantinnen und Migranten –
Weil Kriegsvertriebene aus der auch wegweisen. Die humani- zu suchen? in der Verantwortung stehen
Ukraine in die Schweiz kom- täre Tradition der Schweiz, die auch die Politikerinnen und
men, diskutieren wir plötzlich sich über Jahrzehnte bewährt Es kommt immer wieder vor, Politiker, die das zulassen. Wir
wieder breiter über die Asylpo- hat, bedeutet Schutz vor Verfol- dass Asylsuchende und vorläu- brauchen eine Migrationspo-
litik – das ist gut so. Doch das gung und Gefährdung an Leib fig Aufgenommene in die Hei- litik, die darauf ausgerichtet
Thema polarisiert. Und das hat Dr. Adrian Schoop ist Unter- und Leben. Selbstverständlich mat reisen, wo sie angeblich ist, diese Menschen in den Ar-
damit zu tun, dass viele gar nehmer und FDP-Grossrat. gehören dazu der Zugang zu politisch verfolgt sind. Das wi- beitsprozess zu integrieren.
nicht wissen, was ein Flüchtling medizinischer Versorgung, ein derspricht dem Asylgedanken Integration in die Gesellschaft
wirklich ist. Um eine sachliche Dach über dem Kopf, Lebens- und darf nicht toleriert werden. funktioniert nur über Arbeit
Debatte zu führen, müssen wir Der klassische Flüchtling im mittel sowie Bekleidung. Nicht In meiner Firma gab es den Fall und das Beherrschen der Lan-
deshalb zuerst ein paar Dinge Sinne der Asylgesetzgebung dazu gehört jedoch ein sofor- eines Eritreers, der im Novem- dessprache. Die Politik muss
klarstellen. Die Asylgesetzge- und der Asylkonvention ist in tiger Anspruch auf ein materi- ber, als es kalt wurde, nicht entsprechende Anreize schaf-
bung unterscheidet Asylsu- seinem Heimatland an Leib ell besseres Leben. Vielen der mehr hier auf der Baustelle ar- fen, um die Sozialhilfequote
chende im Verfahren (Ausweis und Leben bedroht – etwa 8 Milliarden Menschen auf der beiten und nach Eritrea zurück- von Flüchtlingen zu reduzie-
N), anerkannte Flüchtlinge (Aus- aufgrund seiner politischen Welt geht es schlechter als uns kehren wollte. Nachdem ihm ren. Ausserdem sind Abge-
weis B, Jahresaufenthaltsbewil- Anschauung oder seiner eth- Schweizerinnen und Schwei- eine sogenannte «Rückkehr- wiesene konsequent zurück-
ligung, oder Ausweis C, Nieder- nischen Zugehörigkeit. Aller- zern. Die Schweiz ist daher beraterin» des Kantons den zuschaffen. Denn sie tragen
lassungsbewilligung) und ab- dings ist dieser Typus sehr ein ausserordentlich begehrtes Flug organisiert hatte, wollte er massgeblich zur Übernutzung
gewiesene Asylbewerberinnen selten geworden. Die meisten Zielfluchtland für Menschen, dann plötzlich nicht mehr zu- der Asyl- und Sozialstruktu-
und -bewerber, deren Wegwei- Menschen, die in der Schweiz die auf eine bessere Zukunft rück. Heute lebt er wohl von ren bei – und gefährden so die
sung teilweise vorübergehend um Asyl ersuchen, sind ent- hoffen. Es liegt auf der Hand, der Sozialhilfe. Da stellt sich Aufnahme echter Flüchtlinge,
ausgesetzt worden ist (Ausweis weder Kriegsvertriebene oder dass die ohnehin schon sehr generell die Frage: Kann es in die unseres Schutzes bedür-
F, vorläufige Aufnahme). Für die Migrantinnen und Migranten, dicht bevölkerte Schweiz nicht Eritrea wirklich so gefährlich fen. Nur wenn wir diese drin-
ukrainischen Kriegsflüchtlinge die auf der Suche nach einem alle diese Menschen aufneh- sein, wenn Flüchtlinge freiwil- gend nötigen Anpassungen
wurde ausserdem erstmals der materiell besseren Leben sind. men kann. lig für irgendwelche Festivitä- vornehmen, können wir un-
Schutzstatus S aktiviert, der ei- Man spricht in diesem Zusam- ten oder sonstige temporäre sere wertvolle humanitäre Tra-
nen «vorübergehenden» Schutz menhang oft auch von «Wirt- Reisen ins Heimatland Anlässe zurückreisen wollen? dition in die Zukunft retten.
gewährt und kollektiv gilt, also schaftsflüchtlingen». widersprechen
ohne die sonst übliche individu- dem Asylgedanken Politiker stehen
elle Abklärung der Asylgründe; Die Folgen dieser Entwick- Ein aktueller Diskussionspunkt, in Verantwortung Ihre Meinung zu diesem Thema
dies als Folge eines das ganze lung liegen auf der Hand: Die der mich beschäftigt, sind die Wir müssen uns allerdings vor interessiert uns. Schreiben Sie
Land überziehenden Angriffs- Asylstrukturen werden von Auslandreisen von Flüchtlin- Pauschalverurteilungen hüten. per Mail an:
krieges eines Nachbarstaates. Menschen belastet, die keine gen. Manche Asylbewerberin- Aktuell beschäftige ich zwei schoop@aargauerwoche.ch