Page 4 - Lenzburger Woche - KW 6 - 2022
P. 4

SEITE 4                                                                                                                                   DIENSTAG, 8. FEBRUAR 2022





             «Stoppen wir den Raubzug reicher

          Medienkonzerne auf die Staatskasse»                                                                Bärentatze




         Der Abstimmungskampf um das neue
         Mediengesetz ist in der Schlussphase.
         Im Interview erklärt Peter Weigelt, alt
         Nationalrat und Präsident des Referen-
         dumskomitees «Mediengesetz NEIN»,
         warum die neuen Subventionen unnö-
         tig und schädlich sind. Sie kämen vor
         allem den reichen Grossverlagen zu-
         gute und würden den Wettbewerb ver-
         zerren, so Weigelt. Denn Gratismedien
         sind von der Förderung willkürlich
         ausgeschlossen.                                                                        Rot-grüne Gender-

         Peter Weigelt, intensive Wochen eines                                                  Sprachpolizei
         hart geführten Abstimmungskampfes
         liegen hinter Ihnen. Gibt es besondere                                                 Soeben hat die Stadt Bern ihren          ZUR PERSON:  Thomas Fuchs ist
         Momente, die Ihnen positiv oder negativ                                                Sprachleitfaden  geändert.  Neu          Stadtrat, ehemaliger Nationalrat und
         in Erinnerung bleiben werden?                                                          empfiehlt sie als einzige grössere       Grossrat, Präsident der SVP Stadt
         Peter Weigelt: Zuerst zu den positiven                                        Bild: zVg  Schweizer Stadt den Genderstern.       Bern und Präsident der Berner Sama-
         Eindrücken. Ich bin immer noch über-       Peter Weigelt im Interview, alt Nationalrat FDP   Somit werden künftig in der Stadt-  riter, Geschäftsführer des Bundes der
         wältigt, wie breit unsere Unterstützung  St.Gallen und Präsident des Abstimmungsko-    verwaltung sogenannte Gender-            Steuerzahler und im Militär Oberst. Er
         ist. Ohne eigene Zeitungen, mit wenig  mitees «Mediengesetz NEIN»                      zeichen verwendet, wie etwa der          ist in Bern geboren und aufgewach-
         Geld, aber mit einer klaren Botschaft                                                  Gendergap (Bürger_innen), der            sen und Herausgeber der Zeitungen
         und grossem Engagement haben wir es  lut inakzeptabel aber ist, dass Gratisme-         Genderstern (Bürger*innen) oder          DIE IDEE und Bern-Aktuell.
         als «David gegen Goliath» geschafft, die  dien und kostenlose Online-Plattformen       der Genderdoppelpunkt (Bürger:in-        Mehr erfahren Sie unter:
         von Bundesrätin Sommaruga, dem Ver-        von den Subventionen ausgeschlossen         nen), was zu absurden Sprachkons-        www.fuchs.tv
         legerverband und allen linken Parteien  werden. Das ist nicht nur wettbewerbs-         trukte wie «Jede*r neue*r Prakti-
         angeführte Ja-Kampagne in Schach zu  widrig. Vielmehr ist es auch demokratie-          kant*in» gipfelt.
         halten. Das bestätigen die positiven  politisch schädlich. Denn so werden die                                                 den von Gender-Befürwortern ver-
         Meinungsumfragen seit Wochen. Nega-        Jungen, die sich frei im Internet bewe-     Die Befürworter der Gender-Spra-       ächtlich gemacht, wenn sie sich nicht
         tiv wird mir in Erinnerung bleiben, wie  gen, und weniger begüterte Menschen,          che, allen voran die Grünen, setzen  in einer vermeintlich politisch korrek-
         selbst eine Bundesrätin mantramässig  die sich kein teures Abo leisten können,         bei immer mehr Wörtern auf Gender-     ten Sprache ausdrücken. Dazu gehört
         wiederholt, dass das Gesetz vor allem  willkürlich ausgeschlossen.                     sternchen, Doppelpunkte, Unterstri-    neuerdings – selbst beim gebührenfi-
         für die Kleinen und Mittleren sei. Ob-                                                 che mitten im Wort und vieles mehr.  nanzierten Staatsradio und -fernse-
         wohl absolut klar ist, dass bis zu 70 Pro-  Wir stehen wenige Tage vor dem Abstim-     Aus «Fussgängern» sollen «Zu-Fuss-     hen SRF – auch der «Gender-Hicks»,
         zent  der  neuen  Subventionen  zu  den  mungstermin. Wie beurteilen Sie  die          Gehende» werden, aus «Velofahrern»  eine Pause, die man beim Sprechen
         Grossen gehen.                             Ausgangslage zum aktuellen Zeitpunkt?       werden «Velofahrende». Dies treibt  innerhalb eines Wortes machen soll.
                                                    Peter Weigelt: Die Meinungsumfragen         so seltsame Blüten wie «verunfallte  Aus «Lehrern» wird dann «Lehrer –
         Die zusätzlichen Subventionen werfen  zeigen einen starken Trend zum NEIN.             Autofahrende» – ein Widerspruch in  Genderhicks – innen».
         auch die Frage nach der Unabhängigkeit  Doch sehen wir, dass die Verleger noch-        sich. Anstatt von «Ärzten» oder «Ärz-
         der Medien auf. Die Verleger behaupten,  mals richtig viel Geld in ihren Kampag-       tinnen und Ärzten» ist wahlweise  Alarmglocken bei den Bürgerlichen
         dass die Medien trotz des Geldes aus  nen-Endspurt investieren. Doch ob mit            von «Ärzt*innen», «Ärzt_innen» oder  Viele Menschen lehnen Genderspra-
         Bern unabhängig bleiben. Sie halten hier  Geld fehlende Argumente überdeckt wer-       «Ärzt:innen» zu lesen – Formen, die  che ab – weil sie nicht nur unästhe-
         dagegen. Mit welchen Argumenten?           den können, bezweifle ich. Persönlich bin   nicht von der amtlichen Regelung der  tisch, sondern auch schlechter ver-
         Peter Weigelt: Eigentlich weiss es jeder,  ich überzeugt, dass das Schweizer Stimm-    deutschen Rechtschreibung gedeckt  ständlich ist. Trotzdem greift sie nun
         man beisst nicht die Hand, die einen füt-  volk ein gutes Gespür hat, wenn eine Vor-   sind. Aufgrund des Druckes des  auch in öffentlichen Behörden um
         tert. Warum soll diese Volksweisheit bei  lage überladen, unfair und unehrlich ist.    links-liberalen Milieu entstehen neue  sich. Dabei sollte sich gerade der
         den Medien keine Gültigkeit haben? Mit  Und genau dies trifft auf das Medienpa-        Behördenformulierungen wie «Pas-       Staat vor ideologischen Umerzie-
         dem Medienpaket wachsen die Subven-        ket zu. Wohl gibt man den Kleinen einige    sivraucher*innenschutzverordnung».  hungsprojekten hüten. Privat sollte je-
         tionen auf über 400 Mio. Franken pro  Brosamen, damit sie ruhig sind und sich          Es gibt mittlerweile selbst Diskussi-  der so sprechen und schreiben kön-
         Jahr. Dass solch enorme Beträge keine  vor den Karren spannen lassen. Die Ta-          onen darüber, ob man statt «Mutter»  nen, wie er möchte. Wir leben in einem
         Abhängigkeiten erzeugen, glaubt nie-       schen aber füllen die Grossen.              nicht besser «gebärendes Elternteil»  freien Land. Wenn aber eine Sprach-
         mand. Dies zeigen auch die Meinungs-                                                   oder «das Elter» sagen sollte. Vereine  Polizei entsteht, die in staatlichen Ein-
         umfragen, in denen die Gefahr sehr hoch  Die Befürworter des Massnahmenpa-             wie die «Neuen deutschen Medien-       richtungen ohne jegliche Grundlage
         bewertet wird, dass die Medien ihre Auf-   kets erklären, dass ein Nein gegen die      macher*innen» wollen darüber hin-      und Legitimation anderen ihren häu-
         gabe als 4. Gewalt im Staat nicht mehr  Vorlage eine Katastrophe wäre, vor al-         aus Wörter wie «Migrant» oder «Ein-    fig orthografisch und grammatisch
         glaubwürdig  und  unabhängig  wahrneh-     lem für die kleinen Verlage. Wie stellen    heimische» in der Berichterstattung  fehlerhaften Stil aufzwingen möchte,
         men könnten. Die Bevölkerung will Me-      Sie sich zu diesem Vorwurf?                 abschaffen.                            sollten in der bürgerlichen Mitte alle
         dien, die gegenüber der Staatsmacht frei  Peter Weigelt: Das stimmt ganz und gar                                              Alarmglocken schrillen. Wie soll denn
         und kritisch berichten.                    nicht. Die Wahrheit ist, dass nach einem    Angst bei Andersdenkenden              die schwierige sprachliche Integration
                                                    Nein alles so bleibt, wie es ist. Die heute   Über einzelne Wortungetüme könnte  einer Syrerin oder eines Iraners über-
         Ein weiteres Argument, das Sie als Ver-    bereits vor allem an die kleinen und mitt-  man ja schmunzeln, wenn diese Gen-     haupt funktionieren, wenn in offiziel-
         treter des NEIN einbringen, ist die wett-  leren Verlage ausbezahlten 53 Mio. Fran-    der-Sprache nicht immer weiter in Be-  len Behördendokumenten nicht mehr
         bewerbsfeindliche Ausgestaltung der  ken pro Jahr bleiben unverändert. Wir             hörden, Universitäten, Schulen oder  die deutsche Grammatik verwendet
         Vorlage. Was genau meinen Sie damit?       stimmen am 13. Februar nur über die         anderen staatlichen Einrichtungen um  wird? Wie sollen Politiker und Beamte
         Peter Weigelt: Wie bereits gesagt, geht  zusätzlichen Subventionen von 151 Mio.        sich greifen und zu Angst bei Anders-  Menschen zur Einhaltung von Regeln
         der grösste Teil der neuen Subventio-      Franken ab. Und da diese grösstenteils      denkenden führen würde. Studenten  verpflichten, wenn geltende Normen
         nen an die Grossen. Diese zementieren  in die Taschen der reichen Medienkon-           schreiben aus Furcht vor schlech-      ohne rechtliche Grundlage willkür-
         damit ihre Monopole, was zwingend zu  zerne fliessen, droht keine Katastrophe.         ten Noten widerstrebend in der Gen-    lich nicht eingehalten werden? Wie
         Nachteilen für die Kleinen führt. Vor al-  Das Stimmvolk kann also beruhigt ein        der-Sprache, eine Stellenbewerbung  soll ein Politiker hart arbeitende Men-
         lem werden auch junge, innovative Pro-     klares Nein in die Urne werfen.             ohne Gender-Stern wird augenblick-     schen erreichen, wenn diese seine
         jekte in den Regionen so stark behindert                                               lich aussortiert, Forscher fürchten  gekünstelte Sprache nicht verstehen?
         und im Wettbewerb eingeschränkt. Abso-                  Interview: Corinne Remund      Schwierigkeiten, wenn die Gender-      Gegenderte Sprache wirkt künstlich
                                                                                                sternchen fehlen oder wenn sie nicht  und hässlich. Sie ist holprig und un-
                                                                                                alle Texte durchgendern. Sie müssen  poetisch. Gendern lenkt zudem von
            Peter Weigelt ist ein Unternehmer aus St.Gallen, der auch immer wieder in inno-     sich einem immer stärkeren Konfor-     den Inhalten ab, indem es den Lese-
            vative Medienprojekte investiert. Aktuell ist er Verwaltungsratspräsident der Ost-  mitätsdruck beugen und viel Zeit in-   fluss behindert. Deshalb fordere ich
            schweizer Medien AG, die sich unter anderem für die Online-Plattform «Die Ost-      vestieren, damit auch wirklich jeder  die Stadtberner Regierung dringend
            schweiz» verantwortlich zeichnet.                                                   Satz gendergerecht formuliert ist. In  auf, ihre Gender-Übung unverzüglich

            Weigelt war von 1995 – 2006 für die FDP St.Gallen im Nationalrat und profilierte    anderen Bereichen entsteht ebenfalls  zu beenden.
            sich im Rat vor allem als Medienexperte und liberaler Grundsatzpolitiker.           zunehmend der Eindruck, dass es
                                                                                                häufig eher auf das richtige Gendern  Ihre Meinung zu diesem Thema inter-
            Als Präsident des Vereins «Nein zu staatlich finanzierten Medien» führte er das     als auf den Inhalt ankommt. Teilneh-   essiert uns! Schreiben Sie ein Mail an:
            Referendumskomitee und nun das Abstimmungskomitee «Mediengesetz NEIN».              mer von Podiumsdiskussionen wer-       fuchs@schweizerkombi.ch
   1   2   3   4   5   6   7   8   9