Page 3 - Zurzacher Woche - KW 27 - 2021
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DIENSTAG, 6. JULI 2021 SEITE 3
FORTSETZUNG
So gibt es zum Beispiel Selbstsi- und dort etwas Härtefallunter-
cherungsautomaten, mit denen stützung. Damit können die
man mit einer kurzen Einfüh- Fixkosten unserer infrastruk- Mit spitzer Feder …
rung schnell Höhenluft schnup- tur-intensiven Anlagen aber bei
pern kann. «Wir geben damit weitem nicht gedeckt werden»,
einem breiten Publikum einen stellt er fest. Die Kletterhallen
einfachen Zugang zum Klettern. fühlen sich in der schwierigen
Bewegung im dreidimensiona- Lage von der Politik im Stich ge- Rücksichtsloser
len Raum sind zurzeit gefragt.» lassen: Zum wohl der Bevölke-
Dies bedingt aber auch eine mo- rung mussten die Anlagen trotz Audiomüll
derne, stets aktualisierte Infra- gut funktionierenden Schutz-
struktur. So entwickeln sich konzepten schliessen und für
die Anforderungen an eine zeit- die daraus resultierenden weit-
gerechte Freizeitanlage stän- reichenden Konsequenzen will Bling – auf meinem Smartphone schend abgehört. Ich fühle mich
dig. Freundliche Mitarbeitende, nun niemand Verantwortung kommt eine Nachricht rein. Kein unter Druck. Der Ball liegt in mei-
Sauberkeit, Hygiene sind für uns übernehmen: «Die finanziel- geschriebenes SMS, nein eine nem Feld, und ihn liegen lassen,
als Dienstleistungsbetrieb wich- len Auswirkungen der Pande- Sprachnachricht. Keine Ahnung, tun nur Spielverderber.
tige Basisfaktoren», so Riediker mie auf unsere Betriebe werden worum es geht! Ich sollte wohl ir-
und er doppelt nach: «Viele An- Bild: kletteranlagen.ch von der Politik nicht genügend gendwie reagieren, bin aber un- Doch wie soll ich antworten? Mein
lagen bieten auch noch Zusatz- Sicherheit geht vor: Durch Kurse, ernstgenommen. Reserven wer- terwegs, also bleibt mir nicht an- Gegenüber hat sich ja selber ge-
dienstleistungen wie ein Bistro, Broschüren, Flyer etc. trägt die IGKA den buchstäblich vernichtet – deres übrig, als mein Ohr ans Te- gen ein Telefonat und für diesen
ein Klettershop, Events, Kurse ihren Teil bei, den Klettersport als wer nichts mehr hat, darf bet- lefon zu pressen. Es ist laut um Audiomüll entschieden, für ein
etc. an. Die Gesellschaft ist nun sicheren Breitensport zu etablieren. teln gehen.» Für die Betriebe mich herum und ich verstehe Format, das keine Zwischenrufe,
auch bereit, etwas dafür zu be- geht es nach wie vor darum, nicht alles, aber nachfragen kann Nachfragen zulässt. Wenn man
zahlen.» Gemäss dem Unter- Daneben wird aber auch die die finanzielle Situation zu sta- ich nicht, weil am anderen Ende ehrlich ist, sind Sprachnachrich-
nehmer wird es künftig noch Eigenverantwortung grossge- bilisieren. «Wir sind nach dem der Leitung niemand ist. Plötzlich ten Kommunikationssackgassen
mehr Richtung Breitensport ge- schrieben: «Wenn ich die nö- Lockdown mit aufgebrauchten stoppt die Aufnahme, bin wohl – eine Runde Märchenstunde.
hen. Alle Angebote und Bewe- tige Ausbildung mitbringe, ge- Reserven direkt in die Neben- aus Versehen auf die Pausentaste Völlig sinnbefreite Datenmen-
gungsformen, welche verhält- schieht die Nutzung der Klet- saison gestartet.» Eine zusätz- gekommen und dann plärrt die gen, sie gehören einfach abge-
nismässig kleine «Einstiegs- teranlage generell auf eigene liche Herausforderung für die Nachricht so laut, dass das ganze schafft! Anders als geschriebene
hürden» für neue Kletterer bie- Verantwortung. Dank guter Branche sind die bürokrati- Umfeld mithören kann. Einfach Nachrichten verlangen Sie meine
ten, spielen dabei eine zentrale Grundausbildung passieren re- schen Hürden, um an Hilfsgel- nur ärgerlich! Schaffe ich es dann, volle Aufmerksamkeit. Überflie-
Rolle. «Mit Angeboten für die lativ wenig Unfälle», erklärt der der zu kommen. die ganze Nachricht adäquat ab- gen funktioniert hier nicht. Den
Kids von heute, investieren wir junge Kletterexperte. zuspielen, naht die nächste Bre- ganzen Müll in einer normalen
auch in die nächste Generation. «Für die Zukunft brauchen douille. Obwohl ich ein relativ gu- Textnachricht aufschreiben, das
In unserer Anlage haben wir bei- Obwohl Sport und Freizeit wir dringend eine gesetzliche tes Kurz- und Langzeitgedächt- würde sich kein Mensch antun.
spielsweise einen Spielplatz mit wachsende Bedürfnisse blei- Grundlage für eine angemes- nis habe, muss ich immer wieder Neun Minuten Sprachnachricht,
einer Boulderwand, wo bereits ben, sind die Herausforderun- sene Entschädigung im Pande- Punkt für Punkt durchgehen, was das gäbe ein halbes Buch. Wann
3-jährige Kids rumkrabbeln. gen rund um Corona gross. Die miefall. Fehler und Versäum- der Absender nun von mir will. haben Menschen angefangen,
Unseren ältesten Kunden sind Pandemie traf die Kletteranla- nisse sollten sich nicht allzu oft Wäre es eine schriftliche Nach- andere Menschen ihren gedank-
schon deutlich über 80-Jährig.» gen mit voller Härte. Die Ein- wiederholen», so die Forderun- richt gewesen, hätte ich alles be- lichen Sondermüll vor die Füsse
schränkung des Sport- und gen der Branche an die Politik. quem nachlesen können. zu kippen? Nicht, dass man sich
Nach IG-Standards Freizeitangebots bedeutete eine unter Freundinnen alles haarklein
ausbilden Schliessung der Anlagen über Corinne Remund Viele Menschen finden es prak- erzählen kann, aber dann doch
Einen grossen Stellenwert hat mehrere Monate in der Haupt- tisch, mit dem Smartphone bitte mit irgendeinem sinnvollen
die Aus- und Weiterbildung in saison. «Natürlich gibt es Kurz- www.kletteranlagen.ch Sprachnachrichten zu verschi- Inhalt – entweder man will einen
der Branche. Unmittelbar damit arbeitsentschädigung und da cken. Schlimm ist es aber für die, Rat, eine Reaktion oder einfach
verbunden ist die Sicherheit der die damit zugemüllt werden. Es gemeinsam lachen. Das geht
Kunden, das A und O im Klet- ist doch so: Mit echter Kommu- aber nur, wenn man miteinan-
tersport. Die IG Kletteranlagen DAS MACHT DIE IGKA nikation ist es wie mit einem Ball- der kommuniziert und nicht eine
hat deshalb die Grundausbil- spiel. Ein Anruf, eine Frage, der Sprachnachricht schickt. Denn
dung zum Sportklettern in Klet- Mitglieder untereinander vernetzen Anfang eines Gesprächs, das ist wie kann ein Monolog Teil eines
teranlagen schweizweit standar- das Angebot. Ich signalisiere: Ja Dialoges sein? Aus gutem Grund
disiert. «Die meisten Organisa- Die Gründung der Interessengemeinschaft der Schweizer – oder eben Nein. Bei Ja folgt ein habe ich keine Mailbox, Wer was
tionen bilden nun nach diesen Kletteranalgen IGKA am 13. Oktober 2007 ist auf die Entste- Passspiel, hin und her, du und will, soll nochmals anrufen!
Standards aus. Wir sind auch hung der ersten Kletteranlagen in den 90er-Jahren zurückzu- ich – echter Austausch eben. Mit
sehr froh, dass unsere Partner- führen. Gegründet wurde die IGKA von einigen Kletteranlagen- Sprachnachrichten auf WhatsApp Nach den 9-minütigen Gedan-
organisationen wie der Schwei- Betreiber sowie dem Schweizer Alpen Club SCA. Ziel der IGKA ist das anders. Da nimmt das Ge- kensalat bin ich erschöpft, leicht
zer Alpen-Club oder der Berg- ist es, einen sicheren und qualitativ hochstehenden Indoor genüber den Ball und haut ihn mir hässig. Ich schreibe deutlich und
führerverband hier mitziehen», Klettersport in der Schweiz zu gewährleisten. Ausbildung und direkt ins Gesicht. Danach liegt klar in gutem Deutsch eine SMS
so Riedker. Denn es ist offen- Sicherheit bilden nach wie vor Kernthema. So hat zum Bei- der Ball in meinem Feld, und ich zurück. Übrigens, das Zweite,
sichtlich: Ein Fehler beim Klet- spiel die IGKA die Grundausbildung zum Sportklettern stan- bin dran – notabene ob ich will was mich im digitalen Dialog
tern oder Sichern kann fatale dardisiert und dazu eine eigene Kursleiter-ausbildung ins Le- oder nicht. Sprachnachrichten nervt, sind WhatsApp in Mund-
Folgen haben. Während frü- ben gerufen. Informationen rund um Standards bezüglich In- sind schlichtweg egoistisch. Ellen- art einfach eine Zumutung. Diese
her die wichtigsten Regeln und frastruktur sowie die Kommunikation gehören ebenso zu den langes Geplauder ohne Sinn und Nachrichten muss ich auch sie-
Kniffe à la «Learning by doing» Dienstleistungen der IGKA Ebenso fördert die IG Kletteranla- Verstand, ohne konkrete Mes- ben Mal lesen bis ich überhaupt
vom Kollegen gezeigt wurden, gen die Vernetzung der Mitglieder untereinander sowie auch sage. Für mich ist das kein An- entschlüsselt habe, was der Ab-
zieht dieses Lernkonzept in der gegen aussen mit Behörden, anderen Verein, Organisationen gebot zur Kommunikation, das sender will! Deshalb: Ist es nicht
modernen Welt dieses Breiten- und Institutionen. Die IGKA ist Mitglied bei der Fachgruppe Si- ist geistiger Missbrauch. Sprach- eine grundlegende Einstellung,
sportes nicht mehr. Nun sind cherheit im Bergsport (www.alpinesicherheit.ch). Dazu soll nachrichten sind gut für alle, die die Zeit des anderen zu respek-
professionell geschulte Kurs- der Austausch unter den verschiedenen Kletteranlagen geför- sich selber gerne reden hören. Es tieren und sie nicht absichtlich zu
leiter und Ausbilder gefragt, dert und gepflegt werden, so dass nebst dem Zusammentra- gibt allerdings eine Ausnahme: verschwenden? Also hört bitte
die sich mit dem Gefahrenma- gen von Know-how, gemeinsam neue Visionen für den Kletter- Für Menschen mit Behinderun- auf, diese Dinger an mich zu schi-
nagement an den Kletterwän- sport entwickelt werden können. gen, die Mühe haben via SMS cken. Ich antworte nämlich dann
den und Felswänden bestens Die IG zählt insgesamt 78 Mitglieder. Diese setzen sich aus eine Nachricht zu verfassen, sind Folgendes: Cool, kannst du es
auskennen. Kletteranlagen, die Betreiber von Kletteranlagen sowie institutionelle Mitglieder Sprachnachrichten eine gute Op- mir bitte schreiben oder anrufen?
nach IG-Standards ausbilden, wie der Schweizer Alpen-Club SCA, der Schweizer Bergfüh- tion. Wobei aber auch diejenigen Und wenn ich jetzt als zickig und
werden von ihrem Ausbildungs- rerverband, Bergschulen oder das BFU zusammen. Aktuell sich gerne vor dem Abschicken altbacken gelte, dann ist es eben
verantwortlichen über mehrere sind schweizweit 68 Kletteranlagen Mitglied – dies sind so- überlegen können, wie ausführlich so! Von mir jedenfalls kriegt ihr
Monate nach einheitlichen Vor- wohl kleineren Anlagen, die auf Vereinsbasis geführt werden, sie die Sprachnachricht gestalten nie eine Sprachnachricht, ich be-
gaben ausgebildet. Sie leisten als auch Betreiber mit mehreren grösseren, kommerziell ge- wollen. Die grösste Frechheit, die lästige meine Mitmenschen nicht
Praktika und werden von zwei führten Kletteranlagen. Etwa 70 Prozent sind KMU. Die Bran- mir mit Sprachnachrichten je pas- mit irgendwelchem zeitaufwändi-
externen Prüfungsexperten auf che beschäftigt rund 1000 Leute, die meisten davon Teilzeit siert ist, war ein 9-minütiges Ge- gen Gebabbel.
ihr Know-how getestet. «Leute, und in kleinen Arbeitspensen. Ehrenamtliche Tätigkeit spielt plauder. Gut erzogen wie ich bin,
die neu in eine Kletterhalle ebenfalls eine wichtige Rolle. und aus Anstand und Respekt Herzlichst,
kommen, müssen genau infor- CR gegenüber meinen Mitmenschen, Ihre Corinne Remund
miert werden, was sie dürfen, habe ich die Nachricht zähneknir- Verlagsredaktorin
und was nicht.»