Page 7 - Lenzburger Woche - KW 12 - 2021
P. 7
DIENSTAG, 23. MÄRZ 2021 SEITE 7
Kräfte für die Zukunft bündeln
Die Digitalisierung und Verti- bilden. Allerdings fehlt es oft an rende Kompensationshandlun-
kalisierung der Märkte sowie Lehrstellen, was eine Heraus- gen haben zu grosser Unsicher-
neue Kundenbedürfnisse füh- forderung für die Branche ist. heit und vielen wirtschaftlichen
ren dazu, dass sich auch die Notsituationen geführt», stellt
Einrichtungsbranche grund- Der noch junge Dachverband Pretelli fest. Auf gesetzlicher
legend gewandelt hat. Die agiert auch auf politscher Ebene haben die willkürlichen
Branche antwortet darauf mit Ebene. Hier engagiert er sich Eingriffe ins Marktgeschehen
einem starken Dachverband, als Mitglied des Schweizeri- dazu geführt, dass die Spiesse
um künftig noch agiler unter- schen Gewerbeverbandes sgv nicht mehr für alle Beteiligten
wegs zu sein und die veränder- und betreibt zudem aktiv Bran- gleich lang sind. Auch kamen
ten Kundenbedürfnisse noch chenlobbying. «Wir nehmen in wieder systemische Fehler zum
besser zu erfüllen. unserer Branchenkommunika- Vorschein, wie zum Beispiel der
tion überparteiliche, umsichtige Umstand, dass ein Gesellschaf-
Möbel kaufen, neue Vorhänge aber klar wirtschaftsfreundliche ter einer GmbH zwar Arbeitslo-
aussuchen oder den Bodenbe- Positionen ein», sagt Pretelli. senentschädigung bezahlt, aber
lag erneuern: Kunden möch- Dabei setzt sich der Verband für daraus keine Leistungen bezie-
ten vor und nach dem Kauf der optimale gesetzliche Rahmen- hen kann», so Pretelli. «Oftmals
Einrichtung begleitet und bera- bedingungen für die Branche ist es für unsere Mitglieder eine
ten werden. «Der Kunde kauft Bilder: einrichtenschweiz ein. Zunehmende Hürden sind grosse Herausforderung nicht
heute ein Lebensgefühl, nicht Ein Lebensgefühl verkaufen: Das Zuhause verschönern ist die Passion der Mit- Regulierungen und zeitinten- den Mut und die Kraft zu verlie-
mehr nur ein Sofa oder einen glieder von einrichtenschweiz. sive sowie teure, neue Gesetze, ren und weiterzumachen.»
Tisch. Und dies zu einem wett-
bewerbsfähigen Preis in bes- vertritt ihre Interessen, ver- Stärken ausspielen
ter Qualität bei einfacher Be- netzt sie mit verwandten Bran- Die Zukunftschancen der Mö-
schaffung, und Lieferung nach chen-Akteuren und stärkt die belindustrie sieht Pretelli trotz-
Hause», sagt Walter Pretelli, Ge- Wettbewerbsfähigkeit für eine dem positiv. Auf der Basis der
schäftsführer des neu gegrün- starke Schweizer Möbelbranche aktuell Corona-bedingten un-
deten Dachverbandes einrich- und eine noch bessere Beratung gewissen Situation gehe die
tenschweiz. Die klassische Rol- aus einer Hand.» Schweizer Möbelindustrie von
lenaufteilung zwischen Herstel- einer insgesamt stagnierenden
ler und Vertrieb verändert sich «Smart Living» gehört Entwicklung in den kommen-
laufend. «Es braucht eine enge zum Alltag den Monaten aus. «Schweizer
Verzahnung entlang der gesam- Die genannten strukturellen Möbelhersteller haben natio-
ten Wertschöpfungskette», so Veränderungen haben zu Um- nal und international Chancen,
Pretelli. Auf diesen Wandel ant- schichtungen unter den ver- wenn sie ihre traditionellen
wortet die Branche mit einem schiedenen Akteuren geführt. Stärken – Innovationsfähigkeit,
starken Dachverband: einrich- Augenfällig sind die Marktver- Funktionalität, Stil und Design,
tenschweiz, der die drei Teil- änderung im Handel bei den Qualität, Nachhaltigkeit, Flexi-
branchen Möbelproduktion, grossen Möbelhäusern und -ket- bilität, hohe Kundenorientie-
Möbelhandel sowie das ver- ten: Dazu Pretelli: «Der unter- rung und Zuverlässigkeit – wei-
arbeitende Gewerk nun unter nehmerisch gewollte Marktaus- ter ausspielen», so Pretelli. Es
einem organisatorischen Dach tritt von Schweizer Unterneh- lität. Gerade Schweizer Quali- Regelungen und Vorgaben in ist für den Erfolg wichtig, dass
zusammenführt. men wie Migros, (Interio) etc. tät ist eine Stärke und Chance der Branche. Hier gibt der Ver- sich Händler wie Produzenten
hat den von langer Hand geplan- der Schweizer Möbelherstel- band klar Gegendruck. ein Profil aufbauen, sich abhe-
Der neu gegründete Verband ist ten Eintritt neuer international ler. Swissmade ist nicht nur ein Aktuell macht der Branche die ben und sich in einer Nische gut
ein Zusammenschluss der Ver- aufgestellter Möbelkonzerne er- Trend, «sondern auch Träger zwei Lockdowns mit den ent- positionieren. Der erste Schritt
bände «möbelschweiz», «smfv möglicht. Dies wird aber nicht und Stifter von Identifikation sprechenden behördlich ver- dazu ist mit dem neuen Dach-
/ asna» und «interieursuisse». zu einem Wachstum im Gesamt- und gesellschaftlichem Selbst- ordneten Schliessungen der verband bereits erfolgt.
Die verschiedenen Bereiche der markt führen, sondern zu einer verständnis», betont Pretelli. «Läden» zu schaffen. «Betriebs-
Einrichtungsbranche rücken weiteren Verschärfung des Ver- Die Schweizer Möbelhersteller stillstände und danach resultie- Corinne Remund
dadurch zusammen. Der Mehr- drängungswettbewerbs.» Dies sind Tradition und Innovation
wert für die Mitglieder liegt auf bedeutet für die Branche Druck verpflichtet. Ihre Produktions-
der Hand: «Der Verband bringt auf die Preise und damit ver- standorte befinden sich vor- DAS MACHT EINRICHTENSCHWEIZ
seine Mitglieder zusammen, bundene Nivellierung der Qua- nehmlich in der Schweiz. Sie
beschäftigen Schweizer Res- Unter einem Dach vereint
sourcen und haben einen ho- Der Verband Möbelschweiz und interieursuisse bündeln ihre
hen Spezialisierungsgrad in den Kräfte. Gemeinsam gründeten sie am 12. Oktober 2020 den
Herstellungsprozessen. «Dies Dachverband einrichtenschweiz. Damit reagiert die Einrich-
gilt auch für die hergestellten tungsbranche auf den Strukturwandel. Während einer mehr
Produkte, die sich in sozialer als 4-jährigen Phasen bereiteten sich die Verbände auf diesen
und ökologischer Nachhaltig- Zusammenschluss unter einem Dach vor. Zu seinen Dienst-
keit zeigen», so Pretelli. leistungen für die Mitglieder gehören Beratung, branchenbe-
zogene Weiterbildungsangebote, Erhebung von Branchendaten
Längst die Möbelbranche er- sowie das Zusammenbringen der verschiedenen Akteure. Er
reicht, hat auch der technolo- schafft einheitliche Qualitätsstandards für Möbelhandel und
gische Wandel. Digitalisierung -industrie. Er fördert zudem die Wettbewerbsfähigkeit seiner
und Vernetzung machen das Mitglieder und tritt ein für die Grundsätze des fairen Wettbe-
Wohnen der Zukunft sicherer, werbs. Als massgebende schweizerische Branchenorganisa-
bequemer und energieeffizien- tion stellt er den Kontakt zu den Behörden, zur Wirtschaft, zu
ter. Damit wird auch die Wohn- den Sozialpartnern und zur Öffentlichkeit sicher. Dabei formu-
einrichtung technologischer – liert und vertritt er auf nationaler und internationaler Ebene die
«Smart Living» ist längst kein Brancheninteressen von Möbelhandel und -industrie. Gezielte
Trend mehr, sondern hat Ein- Öffentlichkeitsarbeit über die Medien sowie Präsenz im Inter-
zug in den Alltag gehalten. net sind weitere Aufgaben. Zu seinen Kerngeschäften zählt fer-
ner die Aus- und Weiterbildung.
Pandemie als grosse einrichtenschweiz vertritt 450 Betriebe der Branche und rund
Herausforderung 9'000 Beschäftigte. Darunter finden sich die Schweizer Mö-
Zentral für einrichtenschweiz belhersteller, die grossen Möbelketten, der Schweizer Mö-
ist die berufliche Grund-, Aus- belfachhandel und das verarbeitende Handwerk der Einrich-
und Weiterbildung. «Nur mit gut tungsbranche wie: Innendekorateure, Raumausstatter, Wohn-
ausgebildeten Fachkräften blei- textilgestalter, Einrichtungsplaner etc. 80 Prozent der Mitglie-
ben wir wettbewerbsfähig und der sind traditionelle Schweizer KMU. Die Branche generiert
können uns auf dem Markt er- im Wohneinrichtungsmarkt jährlich rund 4 Milliarden Franken
folgreich behaupten», sagt Pre- Umsatz.
telli. Aktuell lassen sich rund CR
200 Lernende in einem der Be-
rufe von einrichtenschweiz aus-